17. Dessen unvollkommene Lösungsversuche des geometrischen Problems
18. Nutzen der im Sklaven erzeugten Verwirrung
19. Sein Finden der Lösung

SW. Apokrinai toinun palin ex archV:

ti fhiV arethn einai kai su kai o etairoV sou;

was du sagst, daß die Tugend sei, du und dein Freund!

oti su ouden allo h autoV te aporeiV kai touV allouV poieiV aporein,

wste meston aporiaV gegonenai.

daß du allemal nichts als selbst in Verwirrung bist und auch andere in Verwirrung bringst.

daß ich voll Verwirrung geworden bin,

thi plateiai narkhi thi qalattiai.

kai su dokeiV moi nun eme toiouton ti pepoihkenai, [narkan]:

jenem breiten Seefisch, dem Zitterrochen, zu gleichen.

Und so, dünkt mich, hast auch du mir jetzt etwas Ähnliches angetan, daß ich erstarre.

kai panu eu, wV ge emautwi edokoun.

ei gar xenoV en allhi polei toiauta poioiV,
tac' an wV gohV apacqeihV.

und sehr gut, wie mich dünkt.

Denn wenn du anderwärts dergleichen als Fremder tätest:
so würde man dich vielleicht als einen Zauberer abführen.

egw de touto oida peri pantwn twn kalwn, oti cairousin eikazomenoi
- lusitelei gar autoiV. kalai gar oimai twn kalwn kai ai eikoneV -
all' ouk anteikasomai se.

Ich weiß das von allen Schönen, daß sie gern mögen abgebildet werden.
Denn es gereicht ihnen zum Ruhme, weil auch die Bilder der Schönen, meine ich, schön sind.
Aber ich werde dich nicht wieder abbilden.

ei de mh, ou.

alla pantoV mallon autoV aporwn outwV kai touV allouV poiw [80d] aporein.

wenn aber nicht, dann nicht.

sondern auf alle Weise bin ich selbst auch in Verwirrung und ziehe nur sodie andern (d) mit hinein.

su mentoi iswV proteron men hidhsqa prin emou ayasqai,
nun mentoi omoioV ei ouk eidoti.

du aber hast es vielleicht vorher gewußt, ehe du mich berührtest,
jetzt indes bist du einem Nichtwissenden ganz ähnlich.

o mh oisqa to parapan oti estin;

pwV eishi oti touto estin o su ouk hidhsqa;

wovon du überhaupt gar nicht weißt, was es ist?

wie willst du denn erkennen, daß es dieses ist, was du nicht wußtest?
 

oraiV touton wV eristikon logon katageiV,

- oute o mh oiden – oude gar oiden oti zhthsei.

Siehst du, was für einen streitsüchtigen Satz du uns herbringst?

noch was er nicht weiß, denn er weiß ja dann auch nicht, was er suchen soll.

SW. egwge: akhkoa gar andrwn te kai gunaikwn sofwn peri ta qeia pragmata -
Sokrates: O ja! Denn ich habe es von Männern und Frauen, die in göttlichen Dingen gar weise waren.
 
MEN. tina logon legontwn;
Menon: Was sagten denn diese?
 
SW. alhqh, emoige dokein, kai kalon.
Sokrates: Etwas sehr Wahres, meines Erachtens, und Schönes.
 
MEN. tina touton, kai tineV oi legonteV;
Menon: Aber was? Und wer waren die, die es sagten?
 
SW. oi men legonteV eisi twn ierewn te kai twn iereiwn osoiV memelhke

peri wn metaceirizontai logon oioiV t' einai [81b] didonai:
legei de kai PindaroV kai alloi polloi twn poihtwn osoi qeioi eisin.
a de legousin, tauti estin: alla skopei ei soi dokousin alhqh legein.

von dem, was sie verwalten, (b) Rechenschaft geben zu können.
Es sagt es auch Pindaros und viele andere Dichter, welche göttlicher Art sind.
Und was sie sagen, ist folgendes – erwäge aber wohl, ob dich dünkt, daß sie wahr reden -:

kai tote men teleutan – o dh apoqnhiskein kalousi -
tote de palin gignesqai, apollusqai d' oudepote:

so daß sie zu einer Zeit zwar ende, was man Sterben nennt,
zu anderer Zeit jedoch wieder werde, untergehe aber niemals.

oisin gar an -

Denn von welchen

Fersefona poinan palaiou penqeoV
dexetai, eiV ton uperqen alion keinwn enatwi etei
andidoi yucaV palin,
[81c] ek tan basilheV agauoi
kai sqenei kraipnoi sofiai te megistoi
andreV auxont', eV de ton loipon cronon hrweV agnoi
proV anqrwpwn kaleuntai.
"Persephone schon die Strafen des alten Elends
genommen, deren Seelen gibt sie der obern Sonne
im neunten Jahre zurück,
(c) aus welchen dann ruhmvolle tatenreiche
Könige und an Weisheit die vorzüglichsten
Männer hervorgehn, und von da an als heilige Heroen
unter den Menschen genannt werden.

kai ewrakuia kai ta enqade kai ta en aidou kai panta crhmata,

authn anamnhsqhnai, a ge kai proteron hpistato.

und, was hier ist und in der Unterwelt, alles erblickt hat:

sich dessen zu erinnern, was sie ja auch früher gewußt hat.
 

-o dh maqhsin kalousin anqrwpoi-
-talla panta auton aneurein, ean tiV andreioV hi kai mh apokamnhi zhtwn:

was bei den Menschen Lernen heißt,
alles übrige selbst auffinde, wenn er nur tapfer ist und nicht ermüdet im Suchen.

outoV men gar an hmaV argouV poihseien
kai estin toiV malakoiV twn anqrwpwn hduV akousai,

wi egw pisteuwn alhqei einai
eqelw meta sou zhtein areth oti estin.

denn er würde uns träge machen
und ist nur den weichlichen Menschen angenehm zu hören;

welchem vertrauend, daß er wahr sei,
ich eben Lust habe, mit dir zu untersuchen, was die Tugend ist.

alla hn kaloumen maqhsin anamnhsiV estin;

sondern daß, was wir so nennen, nur ein Erinnern ist?

oV ou fhmi didachn einai all' anamnhsin,
ina dh euquV fainwmai autoV emautwi tanantia legwn.

der ich doch behaupte, es gebe keine Belehrung, sondern nur Erinnerung,
damit ich nur gleich mit mir selbst im Widerspruch erscheine.

all' ei pwV moi eceiV endeixasqai oti ecei wsper legeiV, endeixai.

Wenn du mir also irgendwie zeigen kannst, daß es sich so verhält, wie du sagst, so tue es.

ina en toutwi soi epideixwmai.

damit ich es dir an diesem zeige.

h anamimnhiskomenoV h manqanwn par' emou.

ob, als erinnerte er sich oder als lernte er von nur.

SW. estin oun [82c] tetragwnon cwrion isaV econ taV grammaV tautaV pasaV, tettaraV ousaV;
(c) Sokrates: Gibt es also ein Viereck, welches alle diese Seiten, deren vier sind, gleich hat?
 
PAIS panu ge.
Knabe: Allerdings.
 
SW. ou kai tautasi taV dia mesou estin isaV econ;
Sokrates: Hat es nicht auch diese beiden, welche durch die Mitte hindurchgehen, gleich?
 
PAIS nai.
Knabe: Ja.
 
SW. oukoun eih an toiouton cwrion kai meizon kai elatton;
Sokrates: Ein solcher Raum nun kann doch größer und kleiner sein.
 
PAIS panu ge.
Knabe: Freilich.

SW. ei oun eih auth h pleura duoin podoin kai auth duoin,

poswn an eih podwn to olon;

wde de skopei: ei hn tauthi duoin podoin, tauthi de enoV podoV monon, 

allo ti apax an hn duoin podoin to cwrion;

wieviel Fuß enthielte das Ganze? -

enthielte dann nicht der ganze Raum einmal zwei Fuß?

allo ti h diV duoin gignetai;

wird er nicht (d) von zweimal zwei Fuß?

Knabe: Vier, o Sokrates. 

toiouton de, isaV econ pasaV taV grammaV wsper touto;

sonst aber ein ebensolcher, in dem alle Seiten gleich sind, wie in diesem?

SW. poswn oun estai podwn;
Sokrates: Wieviel Fuß muß er enthalten?
 
PAIS oktw.
Knabe: Acht Fuß.
 
SW. fere dh, peirw moi eipein phlikh tiV estai [82e] ekeinou h grammh ekasth.

h men gar toude duoin podoin:

Nämlich die des ersten ist von zwei Fuß;

PAIS dhlon dh, w SwkrateV, oti diplasia. 

h ou dokei soi;

Oder denkst du nicht, daß er es glaubt?

toionde legw, mh tauthi men makron, thi de bracu,
alla ison pantachi estw wsper touti,
diplasion de toutou, oktwpoun:

Ich meine aber ein solches, (83 a) nicht etwa eins, das hier lang ist, dort aber kurz;
sondern es soll nach allen Seiten gleich sein, wie dieses hier,
aber das Zwiefache von diesem, also achtfüßig.

an eteran tosauthn prosqwmen enqende;

wenn wir hier noch eine ebenso große hinzusetzen?

an tettareV tosautai [83b] genwntai;

wenn wir vier solche nehmen?

allo ti h touti an eih o fhiV to oktwpoun einai;

Nicht wahr also, dies wäre, was du für das achtfüßige hältst?

PAIS panu ge.
Knabe: Allerdings.
 
SW. oukoun en autwi estin tauti tettara,

wn ekaston ison toutwi estin twi tetrapodi;

deren jedes diesem Vierfüßigen gleich ist?

Sokrates: Sondern das wievielfache? 

ouci apo men tauthV tetraplasion;

Nicht wahr, aus dieser entsteht das vierfache?

toutou de hmisu;

von diesem aber die Hälfte?

apo elattonoV de h [83d] toshsdi; h ou;

und aus einer kleineren als diese? Oder nicht?

to gar soi dokoun touto apokrinou.

Denn immer nur, was du denkst, mußt du antworten.

elattw de thV tetrapodoV.

und kleiner als die vierfüßige?

PAIS tripoda. 

to hmisu tauthV proslhyomeqa kai estai tripouV;

kai enqende wsautwV duo men oide, o de eiV.

so wollen wir von dieser noch die Hälfte dazunehmen, so wird sie dreifüßig;

und auf dieser Seite ebenso sind dies zwei, dies einer.

to olon cwrion triwn triV podwn gignetai;

so wird das ganze Viereck von dreimal drei Fuß.

Sokrates: Dreimal drei aber, wieviel Fuß sind das? 

kai [84a] ei mh boulei ariqmein, alla deixon apo poiaV.

und wenn du es nicht durch Zählen willst, so zeige uns (84 a) nur, von welcher.

wsper oude nun pw oiden,

kai ouc hgeito aporein:

kai wsper ouk oiden, oud' oietai eidenai.

wie er es auch jetzt noch nicht weiß:

und glaubte nicht, in Verlegenheit zu kommen.

und wie er es nicht weiß, so glaubt er es auch nicht zu wissen. (b)

mwn ti eblayamen;

haben wir ihm dadurch etwa Schaden getan?

wV eoike, proV to exeurein ophi ecei:

eu legein peri tou diplasiou cwriou,
wV dei diplasian thn grammhn ecein mhkei.

damit er herausfinden kann, wie sich die Sache verhält.

gut zu reden über das zwiefache Viereck,
daß es auch eine zwiefach so lange (c) Seite haben müsse.

o wieto eidenai ouk eidwV,
prin eiV aporian katepesen hghsamenoV mh eidenai,
kai epoqhsen to eidenai;

was er nichtwissend glaubte zu wissen,
ehe er, überzeugt, er wisse nicht, in Verwirrung geriet
und sich nach dem Wissen sehnte?

ouden all' h erwtwntoV emou kai ou didaskontoV:

alla mh taV toutou doxaV anerwtwnta.

indem ich ihn immer nur frage und niemals lehre.

und nicht seine eigenen Gedanken nur ihm abfrage.

Sage mir du, ist dies nicht unser vierfüßiges Viereck? Verstehst du? 

Sokrates: Können wir nun nicht auch das noch hier in der Ecke ausfüllen? 

[tina] temnousa dica ekaston toutwn twn cwriwn;

jedes von diesen Vierecken in zwei gleiche Teile?

SW. skopei dh: phlikon ti estin touto to cwrion; 

h ou;

Oder nicht?

Sokrates: Wievielfüßig (b) ist also dieses? 

wst' ei tauthi diametroV onoma,
apo thV diametrou an, wV su fhiV, w pai MenwnoV, 
gignoit' an to diplasion cwrion.

so daß, wenn diese die Diagonale heißt,
alsdann aus der Diagonale, wie du behauptest,
das zwiefache Viereck entsteht.

SW. kai nun men ge autwi wsper onar arti anakekinhntai ai doxai autai:
ei de auton tiV anerhsetai pollakiV ta auta tauta kai pollachi,

oisq' oti teleutwn oudenoV htton akribwV
[85d] episthsetai peri toutwn.

so wisse nur, daß er am Ende nicht minder genau als irgendein anderer
um diese Dinge wissen (d) wird.

episthsetai, analabwn autoV ex autou thn episthmhn;

wird er wissen und wird die Erkenntnis nur aus sich selbst hervorgeholt haben?

htoi elaben pote h aei eicen;

entweder einmal erlangt oder immer gehabt?

kai twn allwn maqhmatwn apantwn.

dikaioV gar pou ei eidenai, allwV te epeidh en thi shi oikiai gegonen kai teqraptai.

und mit allen andern Wissenschaften auch.

Denn du mußt es ja wohl wissen, da er in deinem Hause geboren und erzogen ist.

ouk hdh touto [86a] dhlon, oti en allwi tini cronwi eice kai ememaqhkei;

so hat er sie ja offenbar in einer andern Zeit gehabt und gelernt. (86a)

enesontai autwi alhqeiV doxai,
ai erwthsei epegerqeisai episthmai gignontai,

dhlon gar oti ton panta cronon estin h ouk estin anqrwpoV.

richtige Vorstellungen in ihm sein sollen,
welche, durch Fragen aufgeregt, Erkenntnisse werden,

Denn offenbar ist er durch alle Zeit entweder Mensch oder nicht.

aqanatoV an h yuch eih,

- touto d' estin o mh memnhmenoV -
epiceirein zhtein kai anamimnhiskesqai;

so wäre ja die Seele unsterblich,

das heißt aber, dessen du dich nicht erinnerst,
trachten kannst zu suchen und dir zurückzurufen.

kai ta men ge alla ouk an panu uper tou logou diiscurisaimhn:

beltiouV an eimen kai andrikwteroi kai htton argoi

mhde dein zhtein,

Und das Übrige freilich möchte ich nicht eben ganz verfechten für diese Rede;

besser werden und mannhafter und weniger träge, (c)

und man müsse es also auch nicht erst suchen,

epiceirhswmen koinhi zhtein ti pot' estin areth;

willst du, daß wir miteinander unternehmen zu suchen, was wohl die Tugend ist?

17. Dessen unvollkommene Lösungsversuche des geometrischen Problems
18. Nutzen der im Sklaven erzeugten Verwirrung
19. Sein Finden der Lösung