Feire Fiz : lapsit exillis : Gral : Parsifal : 1.Akt : Gralsburg
Richard Wagner
 
 Parsifal
 
Ein Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen 
 
(nach dem Wortlaut der gedruckten Partitur
von 1883)
in kommentierendem Vergleich mit den 
Bezugsstellen und Entsprechungen bei 
Chrétien de Troyes
und Wolfram von Eschenbach:
Gralsburgszene und 
Trevrizentbegegnung Parzivals
sowie Robert de Borons "Gralsgeschichte"
durch Feire Fiz
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*+)
Zweite Hälfte des
ersten Aufzugs
(im Gebiet des Grals; in der Gralsburg)
 
(Vom See her vernimmt man plötzlich  
Geschrei  und das Rufen  
der Ritter und Knappen.) 
(Gurnemanz und die vier Knappen fahren auf  
und wenden sich erschrocken um.) 
  
KNAPPEN UND RITTER 
    Weh! – Weh! – Hoho! 
    Auf! – Wer ist der Frevler? 
(Ein wilder Schwan flattert matten FIuges  
vom See daher: die Knappen und Ritter  
folgen ihm nach auf die Szene.) 
  
GURNEMANZ  
    Was gibt's?
VIERTER KNAPPE  
    Dort! 
DRITTER KNAPPE  
    Hier!
ZWEITER KNAPPE  
    Ein Schwan!
VIERTER KNAPPE  
    Ein wilder Schwan!
DRITTER KNAPPE  
    Er ist verwundet.
ALLE RITTER UND KNAPPEN 
    Ha! Wehe! Wehe! 
GURNEMANZ  
    Wer schoß den Schwan? 
(Der Schwan sinkt, nach mühsamem Fluge, 
matt zu Boden;  der zweite Ritter  
zieht ihm den Pfeil aus der Brust.) 
  
ERSTER RITTER  
    Der König grüßte ihn als gutes Zeichen,  
    als überm See kreiste der Schwan: 
    da flog ein Pfeil - 
KNAPPEN UND RITTER 
(Parsifal hereinführend -  
auf Parsifals Bogen weisend) 
    Der war's! Der schoß!  
    Dies der Bogen! 
ZWEITER RITTER  
(den Pfeil aufweisend) 
    Hier den Pfeil, den seinen gleich - 
GURNEMANZ  
    Bist du's, der diesen Schwan erlegte?
PARSIFAL  
    Gewiß! Im Fluge treff ich, was fliegt.
GURNEMANZ  
    Du tatest das?  
    Und bangt' es dich nicht vor der Tat?
KNAPPEN UND RITTER  
    Strafe den Frevler!
GURNEMANZ  
    Unerhörtes Werk! 
    Du konntest morden,  
    hier im heil'gen Walde,  
    des' stiller Frieden dich umfing? 
    Des Haines Tiere  
    nahten dir nicht zahm,  
    grüßten dich freundlich und fromm?  
    Aus den Zweigen, was sangen  
    die Vöglein dir?  
    Was tat dir der treue Schwan? 
    Sein Weibchen zu suchen  
    flog der auf,  
    mit ihm zu kreisen über dem See,  
    den so er herrlich weihte zum Bad.  
    Dem stauntest du nicht?  
    Dich lockt' es nur  
    zu wild kindischem Bogengeschoß? - 
    Er war uns hold: was ist er nun dir?  
    Hier – schau' her! – hier trafst du ihn: 
    da starrt noch das Blut,  
    matt hängen die Flügel;  
    das Schneegefieder dunkel befleckt, - 
    gebrochen das Aug',  
    siehst du den Blick? 
(Parsifal hat Gurnemanz mit wachsender  
Ergriffenheit  zugehört;  
jetzt zerbricht er seinen Bogen  
und schleudert die Pfeile von sich.)  
     
    Wirst deiner Sündentat du inne? - 
(Parsifal führt die Hand über die Augen.)  
    Sag', Knab'!  
    Erkennst du deine große Schuld? 
    Wie konntest du sie begeh'n? 
PARSIFAL  
    Ich wußte sie nicht 
Selten zitiert Wagner sich selbst, aber hier ist es der Fall: das gleiche Moll-Dur-Wechselmotiv wie im Lohengrin zum Schwan des Gralsritters. Dort war es der verwandelte Graf von Telramund, ein Kind, verzaubert von Ortrud. Hier könnten die Adligen der Gralsrunde symbolisiert sein, die Berufenen vielleicht - Gegenbild: "Such dir Gänser die Gans" am Ende dieses ersten Parsifal-Aktes (natürlich in Anspielung auf diese "Untat" beim erstem Auftauchen des naiven Draufgängers).  
  
Wie eine Deutung darauf verfallen konnte, die Gralsritter im Parsifal für Mitglieder einer esoterisch-edlen Bruderschaft zu halten, ist völlig schleierhaft: Von Anfang an offenbart ihr deutlich exemplifiziertes Verhalten einen dürftigen moralischen Stand; sie können kaum bei Gurnemanz in die Lehre gegangen sein. Die Musik unterstreicht die Betonung "DER war's! DER schoß! - Strafe den Frevler": All diese Chorknaben sind ein einziger nackter Zeigefinger.  
  
Gurnemanz bildet dazu den pädagogischen Kontrast, erkundigt sich beim angeblichen Täter selbst, fragt, statt vor-zu-urteilen, stellt Zusammenhänge her, sensibilisiert mit seinen Hinweisen auf den Wald, seine heiligen Tiere und deren sanftes Verhalten den Draufgänger und führt sinnfällig-überzeugend eine Verhaltensänderung bei diesem neuen Schüler herbei.  
  
Besonders deutlich wird diese Überzeugungsarbeit im Vergleich mit dem Tempelpriester des anderen großen Initiations-Bühnenmusikwerks, der "Zauberflöte", die doch so märchenhaft-lustig daherkommt im Verhältnis zum schweren Schreiten und fast rhythmuslos-langsamen Fluß der Parsifal-Klangprozession. Sarastros Umgang mit seinem Mohren, die brutale Bestrafung, und die unsäglichen Drohungen von der Allgemeingültigkeit des "Wen solche Lehren nicht erfreun, verdienet nicht, ein Mensch zu sein", belegen Lücken in der Humanität jenes angeblich freimaurerisch-aufgeklärten Werks; nun – auch hier, im Bühnenweihfestspiel, zeigen sich solche Lücken, Risse und Abgründe, aber sie gehören zum Problem, zum Sündenfall der Gralsgemeinschaft und ihrer Erstarrung, die sich noch zu Beginn des dritten Aufzugs vollenden wird, bevor der Schrein für immer geöffnet und der Gral für immer aus diesem okkulten Kreis herausgehoben wird.  
  
Die Belehrung will die Natur bewußt machen, das Schwanenpaar im Paarungsritual, das der Junge, vorpubertär verständnislos, so wenig wahrnahm wie er später die "Absichten" der Blumenmädchen verstehen wird. Die Fragen des Lehrers dienen nun nicht nur der anamnetischen Belehrung des Wilderers und seiner Reue, sondern sie lassen ihn ahnen, daß er ein "reiner Tor" sein könnte, ein Mensch eben der Art, wie das Gral-Orakel ihn gewissermaßen noch einmal geradezu "pünktlich zu seinem Erscheinen" gefordert und versprochen hat.  
  
Die Rolle der Natur ist Wagners romantisches "Sondergut"; allenfalls der lyrische Anfang des Epos bei Chrétien, (vergleichbar auch dem österlichen Jubel der Natur, der Tiere, der Vögel beim Aufbruch des Christian Rosencreutz aus seiner Klause) steht dem nahe. Aber die Natur dort ist nicht die Gralsumgebung, sondern das Paradies des Kindes, des Heranwachsenden, der von seiner Mutter Herzeloyde mit aller Kraft von der Welt und ihrem zivilisatorischen Treiben ferngehalten wird, um ihn nicht verlieren zu müssen wie den Gatten Gahmuret, den heldenhaften Vater des Jungen (Wolfram: 111 ff; vgl. Kundrys maieutische "Muttergrüße" im zweiten Aufzug).  
  
Chrétien:   
 
"Ce fu au tans qu'arbre foillissent,  
que glai et bois et pre verdissent,  
et cil oisel en lor latin  
cantent doucement au matin  
et tote riens de joie aflamme,  
que li fix a la veve fame  
de la gaste forest soutaine  
se leva, et ne li fu paine  
que il sa sele ne meist  
sor son chacheor et preist  
trois gavelos, et tout issi  
fors del manoir sa mere issi ..."  
  
- und zu den kindischen Schießübungen des Jungen in der Einöde Soltane heißt es bei Wolfram (118):  
  
bogen und bölzelîn  
die sneit er mit sîn selbes hant,  
und schôz vil vogele die er vant.  
swenne aber er den vogel erschôz,  
des schal von sange ê was sô grôz,  
sô weinde er unde roufte sich,  
an sîn hâr kêrt er gerich.  
  
"Natur" ist bei Wagner nun die gemeinsame Achse der beiden Welten, gewissermaßen der Berg zwischen ihnen (Montsalvat) mit seinem Nord- und Südabhang. Untergründig-dionysisch Kundry in ihrer Gespaltenheit und Doppelfunktion, apollinisch über Tage die geheiligte Tierwelt im Gralsgebiet einerseits und die zwar verführerische, aber in sich selbst lieblich-verspielte Blumenwelt des Zauberschlosses. Der "Unschuldstag" der Natur wirkt schon vor der "Erlösung des Erlösers" bzw. der Heilung des Amfortas. Unschuldig wird sie schuldig zunächst hier, mit der Schwanentötung des unkultivierten Naturburschen, später in der List Klingsors.  
  
Eigenartig die Heiligkeit der Tierwelt gegenüber einer gierig rankenden Blumenwelt; dieser Rollentausch wird im zweiten Aufzug noch deutlicher. 
 
GURNEMANZ  
    Wo bist du her? 
PARSIFAL  
    Das weiß ich nicht. 
GURNEMANZ  
    Wer ist dein Vater? 
PARSIFAL  
    Das weiß ich nicht. 
GURNEMANZ  
    Wer sandte dich dieses Weges? 
PARSIFAL  
    Das weiß ich nicht. 
GURNEMANZ  
    Dein Name denn? 
PARSIFAL  
    Ich hatte viele,  
    doch weiß ich ihrer keinen mehr. 
GURNEMANZ  
    Das weißt du alles nicht? 
(für sich) 
    So dumm wie den 
    erfand bisher ich Kundry nur. - 
(Zu den Knappen, deren sich immer mehr  
versammelt haben.)  
    Jetzt geht! 
    Versäumt den König im Bade nicht! -  
    Helft! 
(Die Knappen heben den toten Schwan  
ehrerbietig auf eine Bahre von frischen Zweigen 
und entfernen sich mit ihm dann  
nach dem See zu. 
Schließlich bleiben Gurnemanz, Parsifal  
und – abseits – Kundry allein zurück.)  
 
Parsifal als reiner Tor, der nicht einmal seinen Namen kennt, da die Mutter ihn von aller Welt abgeschirmt hat: in der ersten Begegnung mit Sigune (140):  
ê si den knappen rîten lieze,  
si vrâgte in ê wie er hieze,  
und jach er trüege den gotes vlîz.  
  
"er trüge den Fleiß Gottes" – gemeint ist seine ansehnliche Gestalt – und er antwortet mit französischen "Anreden":  
  
"bon vîz, scher fîz, bêâ fîz,  
alsus hât mich genennet  
der mich dâ heime erkennet."  
 
Namenlosigkeit und zugleich Vielnamigkeit auch bei Kundry, jedenfalls da, wo Klingsor sie beschwört; dort aber eher Zeichen einer (allzu wach-bewußten, erfahrungsschweren) Inkarnationen-Kette, hier dagegen Merkmal kindlicher Unreife: der Junge ist noch nicht "namhaft" inkarniert.  
Kundry wird ihre Namen nicht los, sie lasten wie ein Fluch auf ihr; Parsifal "weiß ihrer keinen mehr".  
 
Gurnemanz' Beurteilung der Kundry als "dumm" belegt noch einmal die beschränkte Reichweite im Bewußtsein der Gralsritterschaft oder sogar im Erkenntnisvermögen ihrer Lehrer. Die Gespaltenheit der Szene (Gral auf der Nordseite, Klingsor auf der Südseite des gleichen Berges), und damit die Bewußtseinsgliederung, die oben beschrieben wurde (und für die das von Nietzsche in "Die Geburt der Tragödie" zum Ausgangspunkt genommene "Verklärungs"-Bild Raffaels die deutlichste Darstellung sein mag), wird konsequent an allen Stellen des Parsifal bis zum "Kuß" in der Mitte des Werkes durchgehalten.  
Zugleich wird eine Art Verwandtschaft zwischen den beiden "Toren" geknüpft bzw. geahnt; sie bleiben nun als Schüler bei dem weiter "untersuchenden" Lehrer zurück. 
GURNEMANZ  
    Nun sag'! Nichts weißt du,  
    was ich dich frage: 
    jetzt meld', was du weißt;  
    denn etwas mußt du doch wissen. 
PARSIFAL  
    Ich hab' eine Mutter;  
    Herzeleide sie heißt: 
    im Wald und auf wilder Aue  
    waren wir heim.  
     
GURNEMANZ  
    Wer gab dir den Bogen? 
PARSIFAL  
    Den schuf ich mir selbst, vom Forst  
    die wilden Adler wegzuscheuchen. 
GURNEMANZ  
    Doch adelig scheinst du selbst  
    und hochgeboren: 
    warum nicht ließ deine Mutter  
    bessere Waffen dich lehren? 
KUNDRY  
(welche während der Erzählung des Gurnemanz  
von Amfortas' Schicksal oft in wütender Unruhe  
heftig sich umgewendet hatte,  
nun aber, immer in der Waldecke gelagert,  
den Blick scharf auf Parsifal gerichtet hat,  
ruft jetzt, da Parsifal schweigt,  
mit rauher Stimme daher) 
    Den Vaterlosen gebar die Mutter,  
    als im Kampf erschlagen Gamuret;  
    vor gleichem frühen Heldentod  
    den Sohn zu wahren, waffenfremd  
    in Öden erzog sie ihn zum Toren -  
    die Törin! 
(Sie lacht.) 

PARSIFAL  
(der mit jäher Aufmerksamkeit zugehört, 
lebhaft)  

    Ja! Und einst am Waldessaume vorbei,  
    auf schönen Tieren sitzend,  
    kamen glänzende Männer: 
    ihnen wollt' ich gleichen: 
    sie lachten und jagten davon. 
    Nun lief ich nach,  
    doch konnt' ich sie nicht erreichen. 
    Durch Wildnisse kam ich, bergauf, talab;  
    oft ward es Nacht, dann wieder Tag: 
    mein Bogen mußte mir frommen  
    gegen Wild und große Männer ...  
     
Durch das maieutische Fragen von Gurnemanz kommt die Vorgeschichte Parsifals in Erinnerung: eine zweite Exposition, die das nachholt, womit die Epen jeweils anfangen: Chrétien s.o.; Wolfram erst nach dem Gahmuret-Roman (bzw. mit dessen Ende Abschnitt 110 bis zur Ritterbegnung, den Belehrungen durch die Mutter und dem Aufbruch des "Walisen" 120-128); reflektiert in der ersten Sigune-Begegnung (s.o.).  
  
Das Wechselspiel zwischen Kundry und Parsifal wird zusehends dichter, lebhafter – mit den Kindheitsberichten geradezu selbst kindhaft, spontan; Kundrys Verführungskräfte erscheinen im ersten Ansatz trotz des spöttischen Beiklangs so ungefährlich wie der Raubtierinstinkt im Gerangel und Einanderjagen kleiner Katzen. Aber schon spannt sich der Bogen zur "anamnetischen Verführung" (durch Kindheitserinnerungen) im zweiten Aufzug, eine verborgene Schläue in der zunehmenden Verliebtheit der Kundry, den Jungen bei seiner Mutterliebe "abzuholen".  
  
Die verhängnisvoll-einseitigen Belehrungen durch die Mutter, mit denen im Epos die "Torheit" des Walisen geradezu gefestigt wird, sind bei Wagner weggekürzt. Und vor allem die großen Aventiuren: die Tötung des roten Ritters îther; die Artusrunde, die Befreiung Kondwiramurs – ganz zu schweigen von der Hochzeit mit ihr, die in Wagners erotisch durchglühtes Enthaltsamkeitsdrama nicht paßt. 
KUNDRY  
(hat sich erhoben  
und ist zu den Männern getreten; eifrig) 
    Ja, Schächer und Riesen traf seine Kraft: 
    den freislichen Knaben lernten sie fürchten. 
PARSIFAL  
(verwundert) 
    Wer fürchtet mich? Sag'! 
KUNDRY  
    Die Bösen. 
PARSIFAL  
    Die mich bedrohten, waren sie bös'? 
(Gurnemanz lacht.) 
 
    Wer ist gut? 
GURNEMANZ  
(wieder ernst) 
    Deine Mutter, der du entlaufen 
    und die um dich sich nun härmt  
    und grämt.  
     
Kundrys Verliebtheit beginnt mit Bewunderung (ein kindliches Unschuldsmoment inmitten ihrer spöttischen Sprödigkeit: eine Raffinesse ihrer "Natur", die ihr im zweiten Aufzug den "kindheitlichen" Ansatzpunkt ihres Verführungsversuchs ermöglicht). Zugleich – jener Begeisterung völlig entgegengesetzt - die höchst vieldeutigen kurzen Einwürfe der Botin, – ein Rollenwechsel, der die Gesprächspartner provokativ überwältigt und überfordert.  
  
Unterscheidung von böse und gut ist Kriterium für den Verlust der paradiesischen Unschuld: Wer von der "Frucht des Baumes" gegessen hat, dem "gehen die Augen auf" in der Erkenntnis des Bösen und Guten 
  
Entsprechend, aber eher polar als parallel, Kundrys "Ich helfe nie" s.o.; und (ähnlicher) "Nie tu ich Gutes" (unten): Kundry im Bewußtsein ihrer Schuld, in Sehnsucht nach dem seligen Urzustand jenseits aller Unterscheidung von Gut und Böse.  
Und Ablehnung aller "guten" Zurechnungen (tief ethische Bescheidenheit) auch hier bei Gurnemanz, - alles natürlich aufgrund der  Bibelstelle "Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein" (Matth 19,17; Luk 18,19). 
KUNDRY   
    Zu End' ihr Gram:  
    seine Mutter ist tot. 
PARSIFAL   
    Tot? – Meine Mutter? -  
    Wer sagt's? 
KUNDRY   
    Ich ritt vorbei und sah sie sterben:  
    dich Toren hieß sie mich grüßen. 
(Parsifal springt wütend auf Kundry zu   
und faßt sie bei der Kehle.)  
 
Meldung des Todes der Mutter – bei Chrétien innerhalb der Sigune-Begegnung; bei Wolfram erst in der Beichte bei Trevrizent (476), noch vor dem Bekenntnis Parzivâls, den König nicht nach seinem Leiden gefragt zu haben; in der entsprechenden Szene bei Chrétien erfährt Perceval vom Einsiedler, daß seine Schuld am Tod der Mutter Ursache dafür gewesen sei, daß ihm die erlösende Frage nicht in den Sinn gekommen sei.  
  
Durch ihr ruppiges Verhalten und die Art der "Botschaft" hat Kundry hier einige Züge mit Chrétiens und Wolframs "Cundrie la surziere" gemeinsam. 
GURNEMANZ  
(hält ihn zurück) 
    Verrückter Knabe! Wieder Gewalt? 
(Nachdem Gurnemanz Kundry befreit,  
steht Parsifal lange wie erstarrt.) 
    Was tat dir das Weib? Es sagte wahr,  
    denn nie lügt Kundry, doch sah sie viel. 
PARSIFAL  
(gerät in heftiges Zittern)  
    Ich verschmachte! - 
(Kundry ist sogleich,  
als sie Parsifals Zustand gewahrte,  
nach einem Waldquell geeilt,  
bringt jetzt Wasser in einem Horne,  
besprengt damit zunächst Parsifal  
und reicht ihm dann zu trinken.)  

GURNEMANZ  

    So recht! So nah des Grales Gnade: 
    das Böse bannt, wer's mit Gutem vergilt. 
KUNDRY  
(düster)  
    Nie tu ich Gutes, 
(Sie wendet sich traurig ab.) 
    - nur Ruhe will ich. 
(Während Gurnemanz sich väterlich  
um Parsifal bemüht, 
schleppt Kundry sich, von beiden unbemerkt,  
einem Waldgebüsche zu.) 
    Nur Ruhe! Ach, der Müden! -  
    Schlafen! – Oh, daß mich keiner wecke! 
(scheu auffahrend) 
    Nein! Nicht schlafen! -  
    Grausen faßt mich! 
(Sie verfällt in heftiges Zittern;  
dann läßt sie die Arme matt sinken.) 
    Machtlose Wehr! Die Zeit ist da. 
    Schlafen – schlafen -: ich muß. 
(Sie sinkt hinter dem Gebüsch zusammen  
und bleibt von jetzt an unbemerkt.) 
Gurnemanz erscheint an der "Oberfläche" gleichsam begütigend-vermittelnd, ohne genaues Bewußtsein der tatsächlichen Mittlerfunktion Kundrys. Dennoch ist seine Beschreibung durch den absoluten Anspruch ("denn nie lügt Kundry") geradezu magisch: ein Gegenstück zu Mephistos "allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewußt".  
  
Hier, mit der "Labung" aus dem Waldquell, schon eine symbolistische Entsprechung zu den Garten- und Brunnenszenen des dritten Aufzugs.  
  
Je wacher Parsifal gewissermaßen mit dem Sonnenlauf nun zu Mittag wird, desto schlafbesessener Kundry - genauso durch den geradezu räumlich symmetrisierten Zeitpunkt bestimmt, wie die Gralsritterschaft; zu Beginn des zweiten Aufzugs wird ihre Trance als "Todesschlaf" und "Krampf" bezeichnet – von Klingsor, der als Magier oder Hypnotiseur diesen Zustand beherrscht.  
  
Gebüsch, Pflanzenwelt, Klingsors Reich, dann auch die Verwandlung aus dem Innern der Szene heraus - die Orte der Handlung sind komplementäre Bewußtseinszustände, nicht eigentlich "Bergabhänge" oder steinerne Burgen. Dem entspricht auch ihr Aufsteigen und Versinken, ihre räumlich-zeitliche "Krümmung" und das Siebenmeilenstiefel-Schreiten Parsifals unter dem Schutz und Schirm des initiierenden Lehrers. 
 
(Vom See her gewahrt man Bewegung,  
und endlich den im Hintergrunde  
sich heim wendenden Zug  
der Ritter und Knappen mit der Sänfte.) 

GURNEMANZ  

    Vom Bade kehrt der König heim;  
    hoch steht die Sonne: 
    nun laß zum frommen Mahle  
    mich dich geleiten;  
    denn, – bist du rein,  
    wird nun der Gral  
    dich tränken und speisen. 
(Hier hat die unmerkliche Verwandlung  
der Bühne  bereits begonnen.) 
 
(Er hat Parsifals Arm sich sanft  
um den Nacken gelegt und dessen Leib  
mit seinem eigenen Arme umschlungen;  
so geleitet er ihn  
bei sehr allmählichem Schreiten.) 
  
PARSIFAL  
    Wer ist der Gral?  
GURNEMANZ  
    Das sagt sich nicht;  
    doch bist du selbst zu ihm erkoren, 
    bleibt dir die Kunde unverloren. -   
    Und sieh! -  Mich dünkt,  
    daß ich dich recht erkannt:  
    kein Weg führt zu ihm  
    durch das Land,  
    und niemand könnte ihn beschreiten, 
    den er nicht selber möcht' geleiten.
PARSIFAL  
    Ich schreite kaum, -   
    doch wähn' ich mich schon weit. 
GURNEMANZ  
    Du siehst, mein Sohn,   
    zum Raum wird hier die Zeit. 
(Allmählich, während Gurnemanz und Parsifal  
zu schreiten scheinen, hat sich die Szene  
bereits immer merklicher verwandelt;  
es verschwindet so der Wald,  
und in Felswänden öffnet sich ein Torweg,  
welcher die beiden jetzt einschließt. -  
Durch aufsteigende gemauerte Gänge führend, 
hat die Szene sich vollständig verwandelt:  
Gurnemanz und Parsifal treten jetzt  
in den mächtigen Saal der Gralsburg ein.)  
 
    Nun achte wohl; und laß mich seh'n,  
    bist du ein Tor und rein,  
    welch Wissen  
    dir auch mag beschieden sein. - 
vgl. Gralsburgszene bei Wolfram (mit Übersetzung rechts daneben)
 
Die Musik mit ihrem beginnenden Schreiten wie auch die "Zeitangabe" des höchsten Sonnenstandes deuten an, daß das Zusammentreffen in der Gralsburg die Teilnehmer zunächst fast genauso magisch "überfällt", wie der Schlaf Kundry (und zu Beginn des dritten Aufzugs sowie in der Gralsburgszene dort erweisen sie sich als geradezu Drogensüchtige mit heftigen Entzugserscheinungen). Man beachte, daß die bisherige "exponierende" Aufzugshälfte schon den halben Tag durchlief, daß die nun ansetzende Gralsburg-Hälfte des ersten Aufzugs also trotz ihres mittäglichen Beginns in ein "Abendmahl" einmündet. 
  
Parsifals Frage ist berühmt durch ihr maskulines (nicht neutrales) Fragewort "Wer?", das eine Person suggeriert – und durch die Antwort, die Gurnemanz ihm gibt, wie vorher schon durch die gnadenhafte Gastgeberschaft, die Gurnemanz dort angekündigt hat (vgl. die Speisenfülle des "Tischlein-deck-dich" bei Chrétien und Wolfram), wird dieser personale Charakter in der Tat bestätigt. Die Unzugänglichkeit des Grals rührt daher, daß er im begnadeten Sucher – ihn "geleitend" - bereits gegenwärtig ist, so daß jede Suche vom Ziel wegführen muß (vgl. Parzivals "unabsichtliches" Hineingeraten ins Gralsgebiet im Epos).  
  
So geschieht die Verwandlung ganz dicht am "Schreitenden", als ob sich seine Gehbewegung selbst den Raum schüfe, den sie durchmessen will, oder sie entfaltet sich aus dem Ich selbst heraus: denn das Selbstverhältnis des Bewußtseins erstreckt sich in der Zeit, erlebt sich zeitlich und läßt Zeit mit Bewußtsein kongruieren.  
  
Was von Wagner hier als Verwandlung zur Gralsburg geschildert und vollzogen wird, ist die Verräumlichung der Zeit, ist die Musik selbst: Ähnliches findet sich am Ende von Tristan und Isolde, in Isoldes "Liebestod", der Isoldes sich selbst beschreibende Verwandlung in Musik darstellt.  
  
Die damit völlig innermusikalische Wandlung des Geschehens schichtet die wesentlichen thematischen Melodien des Werks übereinander, die im Gipfel ihrer übereinandergetürmten Klänge, mit dem Schmerzensmotiv des Amfortas, vom Grals- bzw. Abendmahls-Motiv in eine Pause, in ewige Ferne, in die allesseiende Stille entführt werden, aus der sich das Schreiten dann jeweils wieder erneuert und durch die ins Weite geschleuderten Intervallverbreiterungen in wachsenden Schritten und dann in den endlosen Spiralen der gewaltigen Modulationstreppen den "Raum" der harmonischen Sphäre "ausmißt". 
(Säulenhalle mit Kuppelgewölbe,  
den Speiseraum überdeckend.  

Auf beiden Seiten des Hintergrundes  
werden die Türen geöffnet:  
von rechts schreiten die Ritter des Grales herein 
und reihen sich um die Speisetafeln.)  

DIE GRALSRITTER  

    Zum letzten Liebesmahle  
    gerüstet Tag für Tag, 
(Ein Zug von Knappen durchschreitet  
schnelleren Schrittes die Szene  
nach hinten zu.) 
    gleich ob zum letzten Male  
    es heut uns letzen mag, 
(Ein zweiter Zug von Knappen  
durchschreitet den Saal.)  
    wer guter Tat sich freut,  
    ihm wird das Mahl erneut:  
    der Labung darf er nah'n,  
    die hehrste Gab' empfah'n. 
(Die versammelten Ritter stellen sich  
an den Speisetafeln auf. -  
Hier wird von Knappen und dienenden Brüdern, 
durch die entgegengesetzte Türe,  
Amfortas auf einer Sänfte hereingetragen;  
vor ihm schreiten die vier Knappen, welche  
den verhängten Schrein des Grales tragen. 
Dieser Zug begibt sich nach der Mitte  
des Hintergrundes, wo ein  
erhöhtes Ruhebett aufgerichtet steht,  
auf welches  Amfortas von der Sänfte herab  
niedergelassen wird;  
hiervor steht ein länglicher Steintisch,  
auf welchen die Knaben den verhängten  
Grals-Schrein hinstellen.)  

STIMMEN DER JÜNGLINGE 
(aus der mittleren Höhe der Kuppel vernehmbar) 

    Den sündigen Welten  
    mit tausend Schmerzen  
    wie einst sein Blut geflossen,  
    dem Erlösungs-Helden  
    sei nun mit freudigem Herzen  
    mein Blut vergossen. 
    Der Leib, den er zur Sühn' uns bot,  
    er lebt in uns durch seinen Tod.  
     
 
Der "Abendmahls"-Charakter der Gralsszene ist bei Wagner stärker entwickelt als im Epos, auch hier eine deutliche Anknüpfung an Robert de Boron, bei dem der "Gral" = "Abendmahlskelch" = "Gefäß mit dem Blut Christi" ist, das übrigens nicht dem Seitenstich mit der Lanze, sondern dem erneuten Aufbrechen der Wunden beim Waschen des Leichnams Christi durch den Urbegründer des Gralskults, Josef von Arimathia, entstammt. Zugleich ist dieser Abendmahls-Aspekt hier konsequent durchgeführt: Mit den biblischen "Einsetzungs"-Worten der Wandlung im Messekanon, ergänzt um das Herabschweben des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube und nach der Kommunion (unten) erklärt als die Stoffwechsel-Transsubstantiation der Nahrung in den Leib hinein, der diese Nahrung eben aufgenommen hat.  
Ein derart messeähnliches Ritual ist bei Chrétien oder Wolfram nicht zu finden, obwohl gerade Chrétien besonders in der Trevrizent-Episode die ganze Laien-Religiosität des ritterlichen Einsiedlers innocentisch-katholisch besetzt.  
Der Gral ist bei Wagner also nichts anderes als die alte Kommunion des christlichen Ritus: Hineinverwandlung des Gestorbenen und Auferstandenen durch die Nahrungssubstanzen, die sein Fleisch und Blut symbolisieren, in den Essenden und Trinkenden, so daß er an Tod und Auferstehung des "Lebensbrotes" Anteil bekommt.  
  
Gerade dadurch, daß sie ein "Zitieren" der Messe und ihrer Einsetzungsworte vermeiden, dringen Chrétien und Wolfram allerdings tiefer in die Deutung des Wandlungsgeschehens ein, erkennen es als Jungbrunnen, Schöpfung und Wiederschöpfung, sehen es als Geheimniskern der leiblichen Generation und Regeneration. Bei Robert de Boron entspringt dem Gral "nur" eine Art meditativer Stärkung und eine Scheidung der Gemeinschaft in reine Begnadete und unreine Ausgestoßene.  
Bei Chrétien klingt – ohne textlich gebundenes Ritual, ohne Messe – die Gestalt des Grals als Abendmahls-Kelch immerhin an, wird übrigens auch (in einem unauffälligen Verseinschub zwischen den beiden Partien, die die Gralskönigin schildern) durch die Patene, d.h. die flache (bei Chrétien silberne, in der Messe aber vergoldete) Brotschale, ergänzt, die gleichfalls in jeder Messe zusammen mit dem Kelch, ihm aufliegend, hereingetragen und auf den Altar gestellt wird. Bei Robert de Boron (Vers 880 ff) symbolisiert die Patene die Grabplatte, der durchsichtig kristalline (!) Kelch trägt und zeigt das Blut Christi unmittelbar, das Corporale umhüllt ihn wie das Grabtuch, der Altar ist Ektypos des Felsengrabs. 
 
Wenn die Regie dem Drama folgt, müßten in dem Moment, wo der Gral abgestellt wird und der einstimmige Gesang der Tempelritter mit dem großen Amen besiegelt worden ist, wo die Harmonik in drei kühnen Modulationsschritten in den Gegenpol des Tritonus und die Klangfarbe sich vom Pathosgebirge der Blechbläser ins entfernte, entrückte Lied himmlischer Schmerzen verschiebt, in die Sphäre der hingebungsvollen Selbstaufopferung, in diesem Wandlungsmoment - müßten die Ritter sich niederwerfen, in ganzer Länge auf den Boden legen und ihren Kopf verhüllen. 
 
 
KNABEN  
(aus der äußersten Höhe der Kuppel)  
    Der Glaube lebt; 
    die Taube schwebt,  
    des Heilands holder Bote.  
    Der für euch fließt,  
    des Weins genießt  
    und nehmt vom Lebensbrote! 
(Nachdem alle ihre Stelle eingenommen,  
und ein allgemeiner Stillstand eingetreten war,  
vernimmt man, vom tiefsten Hintergrunde her,  
aus einer gewölbten Nische  
hinter dem Ruhebette des Amfortas,  
die Stimme des alten Titurel,  
wie aus einem Grabe heraufdringend.)  

TITUREL  

    Mein Sohn Amfortas! Bist du am Amt? 
(langes Schweigen) 
    Soll ich den Gral heut' noch erschau'n  
    und leben? 
(langes Schweigen) 
    Muß ich sterben,  
    vom Retter ungeleitet? 
AMFORTAS  
(im Ausbruche qualvoller Verzweiflung  
sich halb aufrichtend) 
    Wehe! Wehe mir der Qual!  
    Mein Vater, oh! noch einmal  
    verrichte du das Amt!  
    Lebe, leb' und laß mich sterben! 
TITUREL  
    Im Grabe leb' ich  
    durch des Heilands Huld;  
    zu schwach doch bin ich,  
    ihm zu dienen: 
    du büß' im Dienste deine Schuld! -  
    Enthüllet den Gral!  
     
Die drei Chorgruppen gliedern den ritualistischen Text trinitarisch, dies wird besonders deutlich mit der "Erlöser"-Strophe der Jünglingsstimmen und der "Tauben"-Strophe der Knaben. Betonung der Trinität im Zusammenhang mit dem Gral ist die Grundidee bei Robert de Boron.  
 
Herabsteigen der Taube bei Wolfram Karfreitags; allerdings ist diese Besonderung dort von der Gralsburgszene nicht zu trennen, da diese eben in den letzten Frosttagen der Passionszeit stattfindet und die Passion Christi mit der "Saturn"-verstärkten Passion des Gralskönigs zur Deckung bringt. So aber nur in Trevrizents nachträglicher Darstellung: die vom Himmel herabsteigende Taube (vgl. Lohengrin) wird innerhalb der Gralsburgszene selbst nicht erwähnt. 
 
Ruhepunkt, Unterbrechung oder vorläufiger Stillstand des Rituals.  
  
Daß der Gralskönig selbst die Konsekration priesterlich vollziehen muß, ist Wagners dramatische Verdichtung; allerdings wird dadurch die weibliche Trägerschaft des Grals verhindert: Die Geschlechter sind aufgespalten wie die Gralswelt einerseits und Klingsors Zaubergarten andererseits und diesen beiden "Bergabhängen" zugeordnet – der "Meister" der "paradis artificiels" wäre ein fremdes maskulines Element, hätte er sich nicht entmannt. Doch fehlt eine entweiblichte (?) Frau auf der Gralsburg-Seite. Gegenstück des Eunuchen, der zum Ersatz seines Generationsorgans den heiligen Speer in der Hand hält, ist der durch eben diesen Speer verwundete Amfortas mit seiner offenen Wunde, mit seinen "menses", pleonastisch: mit dem Gralskelch.  
  
Titurel, oben von Amfortas als begnadeter Gründer des Tempels und erster Empfänger des Grals eingeführt, erscheint hier als der alte Vatergott, der sich seinen Sohn zum Opfer bringen läßt, um den Menschen die Erkenntnis des Guten und Bösen verzeihen zu können - eine "Gnadenstuhl"-Trinität, besiegelt durch die darüber herabschwebende Taube, durch die drei Chorgruppen soeben in einer dreistufigen Inhaltsangabe dargeboten.  
  
Der greise Weise, aber weniger vatergöttlich, erlebt auch in den Epen "hintergründig" die Präsentation des Grals.  
Bei Robert de Boron ist Begründer des Gralskults Josef von Arimathia, zusammen mit seinem Schwager Hebron bzw. Bron, dem "reichen Fischer". Brons Enkel soll in einer irdischen Widerspiegelung der Trinität die dritte Person der Gralshüterschaft darstellen. 
 
AMFORTAS  
(gegen die Knaben sich erhebend)  
    Nein! Laßt ihn unenthüllt - Oh! -  
    Daß keiner, keiner diese Qual ermißt,  
    die mir der Anblick weckt,  
    der euch entzückt! -  
    Was ist die Wunde,  
    ihrer Schmerzen Wut,  
    gegen die Not, die Höllenpein,  
    zu diesem Amt – verdammt zu sein! -  
    Wehvolles Erbe, dem ich verfallen,  
    ich, einz'ger Sünder unter allen,  
    des höchsten Heiligtums zu pflegen,  
    auf Reine herabzuflehen seinen Segen!  
    Oh, Strafe, Strafe ohnegleichen  
    des – ach! – gekränkten Gnadenreichen! - 
    Nach Ihm, nach Seinem Weihegruße  
    muß sehnlich mich's verlangen;  
    aus tiefster Seele Heilesbuße 
    zu Ihm muß ich gelangen. -  
    Die Stunde naht: -  
    ein Lichtstrahl senkt sich  
    auf das heilige Werk;  
    die Hülle fällt: 
(vor sich hinstarrend) 
    des Weihgefäßes göttlicher Gehalt  
    erglüht mit leuchtender Gewalt; -  
    durchzückt  
    von seligsten Genusses Schmerz,  
    des heiligsten Blutes Quell 
    fühl ich sich gießen in mein Herz:  
    des eig'nen sündigen Blutes Gewell'  
    in wahnsinniger Flucht  
    muß mir zurück dann fließen,  
    in die Welt der Sündensucht  
    mit wilder Scheu sich ergießen: -  
    von neuem sprengt es das Tor,  
    daraus es nun strömt hervor,  
    hier durch die Wunde,  
    der Seinen gleich,  
    geschlagen  
    von desselben Speeres Streich, 
    der dort dem Erlöser die Wunde stach,  
    aus der mit blut'gen Tränen  
    der Göttliche weint'  
    ob der Menschheit Schmach  
    in Mitleids heiligem Sehnen, -  
    und aus der nun mir, an heiligster Stelle, 
    dem Pfleger göttlichster Güter,  
    des Erlösungsbalsams Hüter,  
    das heiße Sündenblut entquillt, -  
    ewig erneut aus des Sehnens Quelle,  
    das, ach! keine Büßung je mir stillt!  
    Erbarmen! Erbarmen! 
    Du Allerbarmer, ach! Erbarmen!  
    Nimm mir mein Erbe,  
    schließe die Wunde,  
    daß heilig ich sterbe,  
    rein Dir gesunde! 
Die indirekte Schmerzensschilderung ist in der Gralsgeschichte und zuletzt bei Wolfram erschütternder, unmittelbar körperlich, konkretisiert den Sündenfall Adams und seine durch alle Menschen fortgepflanzte Todesfolge im "Einen Menschen" (Paulus, Pros Rômaious 5,12) an Einem Menschen, verdichtet das Erlösungsdrama des gefallenen Menschen in der Figur des Fischerkönigs und seiner Verwundung, tragisch gesteigert durch das Scheitern aller Hilfmittel und vor allem durch die erschreckenden Gegenschmerzen der erneut in die Wunde gebohrten Lanze.  
  
Bei Wagner wird die Situation in die persönliche Erlebnis-Schilderung des Amfortas gehoben, bezogen auf die Erinnerung und die seelischen Vorgänge: die seelischen Schmerzen des "Sündenbluts" quälen den Priesterkönig; die Wunde, kaum noch als Genitalverletzung erkennbar, in einer Art von Verdrängung und Ersatzleistung auf die "geöffnete Seite" des Gekreuzigten verlagert, wird nochmals psychisch verdrängt und "ersetzt": durch eine seelische Verletzung, einen – ach! – Herzensschmerz.  
  
Der Symbolismus des fin de siècle droht die strenge Symbolik der mittelalterlichen und biblischen Typologie zu verflachen, zu entleiblichen – hier: zu reduzieren auf musikalische Spannungen, harmonische Chromatik, polyphone melodische Ariadnefäden hinein in das selbstverstrickte Klanglabyrinth des Amfortasschmerzes, durchaus bis ans Sackgassenende – die Rückung von c-Moll/gis auf die e-Grundlage mitten im Mollmotiv der Substanzenverwandlung ("Nehmet hin mein Blut") – und wieder hinaus in den Selbstgenuß des allesseienden tonikalen Schlußdreiklangs.  
  
Kann Musik (und ein völlig in Musik eingegliedertes, darin aufgelöstes und auf den Selbstgenuß gebrachtes Drama) einen Menschen initiieren, wecken, zur Erkenntnis bringen?  
Die "Sündenlust" dieser Arie verführt den "berufenen" (!) Hörer dazu, sein Mitfühlen, Mitdenken, Mitvollziehen dieses wundervollen harmonikalen Flechtwerks schon für "Mitleid" mit dem nimmer zuende sterbenden Schwan Amfortas zu halten. Perfide Ironie des "Meisters", des Klanggarten-Zauberers.  
  
Das erwünschte Verlöschen, das von Amfortas ersehnte Ende des endlos sich fortsetzenden Sterbeprozesses, der doch durch den immer wiederholten Geburtsprozeß aus dem Jungbrunnen des Grals, durch das eigene kultische Amt des königlichen Priesters also,  genährt wird, erscheint eher als buddhistisch denn als christlich: hier noch der spezifische Wagnersche Schopenhauerianismus, wie bereits im (thematisch zu diesem Werk komplementären) Tristan und dann auch im Verlodern, Verlöschen, Verwehen des Runenspeerhalters Wotan am Ende der Götterdämmerung: Nirvana. 
(Er sinkt wie bewußtlos zurück.) 

KNABEN UND JÜNGLINGE 
(aus der Höhe, unsichtbar)  

    «Durch Mitleid wissend,  
    der reine Tor: 
    harre sein',  
    den ich erkor.» 
DIE RITTER  
    So ward es dir verhießen,  
    harre getrost;  
    des Amtes walte heut'! 
TITUREL  
    Enthüllet den Gral! 
Neuer Ruhepunkt in der Gralsburghandlung, die ewige Antwort "von oben" auf das in Amfortas individualisierte Problem; Wiederaufnahme des Grals-Kultus.  
Aber die Amfortasklage ist (hinsichtlich der Stellung zwischen trinitarischen Chorstrophen und Gralsenthüllungs-Ritual) mehr als bloß eine Unterbrechung der Verlesung des "Meßbuchs": Wie der Sohn die Gottheit personhaft und mit der Menschwerdung individualisiert und die Adamsche und Kainsche Erbsündenfolge, Leiden und Tod, austrägt, so wird auch die Sohnesgeneration der Gralshüterdreiheit (gemäß Robert de Boron) personhaft, individuell, leidvoll einsam wie der menschgewordene Sohn. 
(Amfortas erhebt sich langsam und mühevoll) 

(Die Knaben nehmen die Decke  
vom goldnen Schreine, 
entnehmen ihm eine antike Kristallschale,  
von welcher sie ebenfalls  
eine Verhüllung hinwegnehmen, 
und setzen diese vor Amfortas hin.)  

(Während Amfortas andachtsvoll  
in stummem Gebete zu dem Kelche sich neigt, 
verbreitet sich eine  immer dichtere  
Dämmerung über die Halle.) 

STIMMEN  
(aus der Höhe) 

    «Nehmet hin meinen Leib,  
    nehmet hin mein Blut 
    um uns'rer Liebe willen! 
(Eintritt der vollsten Dunkelheit.) 

KNABEN  
(aus der Höhe) 

    Nehmet hin mein Blut,  
    nehmet hin meinen Leib,  
    auf daß ihr mein gedenkt.» 
(Hier dringt ein blendender Lichtstrahl  
von oben auf die Kristallschale herab;  
diese erglüht sodann in leuchtender Purpurfarbe,  
alles sanft bestrahlend.) -  

(Amfortas, mit verklärter Miene,  
erhebt den «Gral» hoch  
und schwenkt ihn sanft nach allen Seiten,  
worauf er damit Brot und Wein segnet.  
Alles ist auf den Knien.)  

TITUREL  

    Oh! Heilige Wonne! 
    Wie hell grüßt uns heute der Herr!  
     
(Amfortas setzt den «Gral» wieder nieder,  
welcher nun, während die tiefe  
Dämmerung wieder entweicht,  
immer mehr erblaßt:  
hierauf schließen die Knaben das Gefäß  
wieder in den Schrein  
und bedecken diesen, wie zuvor. -  
Hier tritt die frühere Tageshelle wieder ein.  
Die vier Knaben  
verteilen während des Folgenden  
aus den zwei Krügen und Körben  
Wein und Brot.)  

(Die vier Knaben,  
nachdem sie den Schrein verschlossen, 
nehmen nun die zwei Weinkrüge  
sowie die zwei Brotkörbe,  
welche Amfortas zuvor durch das Schwenken  
des Gralskelches über sie gesegnet hatte,  
von dem Altartische,  
verteilen das Brot an die Ritter  
und füllen die vor ihnen stehenden Becher  
mit Wein.  
Die Ritter lassen sich zum Mahle nieder,  
so auch Gurnemanz,  
welcher einen Platz neben sich leer hält  
und Parsifal durch ein Zeichen  
zur Teilnehmung am Mahle einlädt. 

Wenn die erste Hälfte des ersten Aufzugs schon eine ganze Tageshälfte füllt, könnte mit Beginn des Abendmahls in der Mitte der zweiten Tageshälfte durchaus der Abend erreicht worden sein. Aber "zum Raum wird hier die Zeit" - insofern sind alle Tageszeiten unter der Gehirnschalen-Wölbung des Tempels zugleich angesprochen, nämlich als Bewußtseinszustände und deren Verwandlung ineinander.  
  
Zum Vergleich die klassischen "Einsetzungsworte" im katholischen Messekanon (NT-Stellen s.u.):  
 
Qui pridie quam pateretur accepit panem  
Er nahm am Abend vor Seinem Leiden Brot  
in sanctas ac venerabiles manus suas  
in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände,  
et elevatis oculis in caelum ad te Deum,  
erhob die Augen gen Himmel zu Dir, Gott,  
Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens, 
Seinem allmächtigen Vater, sagte Dank,  
bene+dixit, fregit,  
segnete + es, brach es  
deditque discipulis suis,  
und gab es Seinen Jüngern  
dicens:  
mit den Worten:  
  
Accipite, et manducate ex hoc omnes  
Nehmet hin und esset alle davon:  
Hoc est enim corpus meum.  
Das ist Mein Leib.  
  
Simili modo postquam coenatum est accipiens  
In gleicher Weise nahm Er nach dem Mahle  
et hunc praeclarum Calicem  
auch diesen wunderbaren Kelch  
in sanctas ac venerabiles manus suas: 
in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände, 
item tibi gratias agens, bene+dixit,  
dankte Dir abermals, segnete + ihn  
deditque discipulis suis,  
und gab ihn Seinen Jüngern  
dicens:  
mit den Worten:  
  
Accipite, et bibite ex eo omnes.  
Nehmet hin und trinket alle daraus.  
Hic est enim Calix Sanguinis mei,  
Das ist der Kelch Meines Blutes,  
novi et aeterni testamenti,  
des neuen und ewigen Bundes,  
mysterium fidei,  
Geheimnis des Glaubens,  
qui pro vobis et pro multis effundetur  
das für euch und für viele vergossen wird  
in remissionem peccatorum.  
zur Vergebung der Sünden.  
Haec quotienscumque feceritis,  
Tuet dies, so oft ihr es tut,  
in mei memoriam facietis.  
zu Meinem Gedächtnis.  
  
Entsprechend 1.Kor 11,23-25 (wohl die älteste Belegstelle); Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20 
Das Johannesevangelium hat in seinem gesamten 6.Kapitel eine tiefgreifende Erörterung, anknüpfend an die Speisung der 5000 (aus der Wagner das "Broteverteilen" nimmt), z.B 6,35 = 6,48: "Ich bin das Brot des Lebens";  
6,50 ff: "Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt ... Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm."  
  
Zur gesamtnatürlichen, eschatologischen, kosmischen Deutung des Abendmahls vergleiche insbesondere die "Hymne" (Geistliche Lieder, VII) von  Novalis 
 
Vergleiche die Abendmahlsszene mit der Fischersymbolik bei Salvadore DaliVergleiche den Gral bei Wolfram von Eschenbach und Chrétien de Troyes
Parsifal bleibt aber starr und stumm,  
wie gänzlich entrückt, zur Seite stehen.)  
 
KNABEN  
(aus der Höhe) 
    Wein und Brot des letzten Mahles  
    wandelt' einst der Herr des Grales  
    durch des Mitleids Liebesmacht 
    in das Blut, das er vergoß, 
    in den Leib, den dar erbracht'. 
JÜNGLINGE  
(aus der mittleren Höhe der Kuppel)  
    Blut und Leib der heil'gen Gabe  
    wandelt heut' zu eurer Labe 
    sel'ger Tröstung Liebesgeist 
    in den Wein, der euch nun floß,  
    in das Brot, das heut' ihr speist. 
DIE RITTER  
(erste Hälfte) 
    Nehmet vom Brot,  
    wandelt es kühn 
    in Leibes Kraft und Stärke;  
    treu bis zum Tode,  
    fest jedem Müh'n,  
    zu wirken des Heilands Werke. 
DIE RITTER  
(zweite Hälfte) 
    Nehmet vom Wein,  
    wandelt ihn neu 
    zu Lebens feurigem Blute,  
    froh im Verein,  
    brudergetreu 
    zu kämpfen mit seligem Mute. 
ALLE RITTER  
    Selig im Glauben! 
    Selig in Liebe! 
JÜNGLINGE  
(mittlere Höhe der Kuppel)  
    Selig in Liebe! 
KNABEN  
(volle Höhe der Kuppel)  
    Selig im Glauben! 
 
Im Verhältnis zum Einzug in den Gralstempel nun die umgekehrte trinitarische Gliederung der Chorgruppen, also an der Wandlung gespiegelt: nun von oben wieder hinabsteigend, in die Körper gewissermaßen hinein, wo sich die Gnade über die Nahrung in Tatkraft "einspeist".  
  
Beide Wandlungsrichtungen, vermittelt über die Einsetzungs-Identifizierung von Brot = Leib und Wein = Blut, werden nun wie in einer nachträglichen Interpretation erläutert und bewußt vergegenwärtigt.  
  
In den Epen entspringt dem Gral ein üppiges Speisungswunder (ein "Tischlein-deck-dich", vgl. das Sich-Voneinander-Ernähren des "seligen Paares" in der Hymne von Novalis), das allerdings traurig bedrückt von der Ritterschaft entgegengenommen wird, da allen der Schmerz des Hausherrn bewußt ist, über den sie den Fremden aber nicht unterrichten dürfen: Er soll die Mitleidsfrage völlig spontan-freiwillig stellen.  
  
Bei Robert de Boron geht eine seelische Stärkung von der Gegenwart des Grals aus, kein so drastisches Speisungswunder wie die gepfefferten Hirschkeulen bei Chrétien und Wolfram. Da bei Robert die Betonung ganz auf dem blutgefüllten Kelch liegt und die Patene zwar als Ektypos des Grabdeckels den Kelch oben abdeckt, aber nicht als eucharistischer Brotteller gilt (wie z.B. in der Messe), findet ein Verteilen von Wein und Brot als den grundlegenden Chiffren der sich darschreibenden Lebensschrift nicht statt.  
Die Gegenwart des Kelchs wirkt in Roberts Gralserzählung auf die Gemeinschaft vielmehr so, daß einerseits die Würdigen von den Unwürdigen geschieden werden und letztere ungnädig ausgeschlossen werden, und andererseits die in den Anblick des Kristallgefäßes Versenkten "so viel Wonne haben wie ein Fisch, den ein Mann in seiner Hand hält und der aus der Hand wieder entschlüpfen und ins tiefe Wasser eintauchen kann" (Vers 2650 ff): offensichtlich eine Art von tiefer Seligkeit, die den Tiefschlaf oder gar den Tod mit hingebungsvollem Bewußtsein zu durchdringen vermag.  
  
(Die Ritter haben sich erhoben  
und schreiten von beiden Seiten auf sich zu,  
um während des Folgenden  
sich feierlich zu umarmen. 

Während des Mahles, an welchem er  
nicht teilnahm, ist Amfortas aus seiner  
begeisterungsvollen Erhebung  
allmählich wieder herabgesunken:  
er neigt das Haupt und hält die Hand  
auf die Wunde. 
Die Knaben nähern sich ihm; ihre Bewegungen  
deuten auf das erneute Bluten der Wunde:  
sie pflegen Amfortas,  
geleiten ihn wieder auf die Sänfte  
und, während alle sich zum Aufbruch rüsten,  
tragen sie, in der Ordnung wie sie kamen,  
Amfortas  und den heiligen Schrein  
wieder von dannen.  
Die Ritter ordnen sich ebenfalls wieder  
zum feierlichen Zuge  
und verlassen langsam den Saal. -  
Hier entfernt sich der Zug mit Amfortas  
gänzlich.  

- Verminderte Tageshelle tritt ein. -  
Knappen ziehen wieder schnelleren Schrittes  
durch die Halle. -  

Die letzten Ritter und Knappen haben hier  
den Saal verlassen: Parsifal hatte bei dem  
vorangehendem stärksten Klagerufe des Amfortas  
eine heftige Bewegung nach dem  
Herzen gemacht,  
welches er krampfhaft eine Zeitlang gefaßt hielt;  
jetzt steht er noch wie erstarrt, regungslos da.  
Gurnemanz tritt mißmutig an Parsifal heran  
und rüttelt ihn am Arme.)  

GURNEMANZ  

    Was stehst du noch da? 
    Weißt du, was du sah'st? 
(Parsifal faßt sich krampfhaft am Herzen  
und schüttelt dann ein wenig sein Haupt.) 

(Gurnemanz sehr ärgerlich) 

    Du bist doch eben nur ein Tor! 
(Er öffnet eine schmale Seitentür.)  
    Dort hinaus, deinem Wege zu!  
    Doch rät dir Gurnemanz: 
    laß du hier künftig die Schwäne in Ruh'  
    und suche dir, Gänser, die Gans! 
(Er stößt Parsifal hinaus und schlägt mürrisch  
hinter ihm die Türe stark zu. 
Während er dann den Rittern folgt,  
schließt auf dem letzten Takte mit der Fermate  
sich der Vorhang.)  
 
Daß es wieder hell wird, spricht gegen die Hypothese, mit dem Abendmahl sei der Abend erreicht; oder nun müßte mit den Siebenmeilenstiefeln der Verwandlung von Zeit in Raum bereits der Morgen erreicht sein – aber die Allzeitsimultan-Hypothese ist hier besser.  
  
Der "Hinauswurf" geschieht in den beiden Epen erst am nächsten Morgen; die (zweite) Begegnung mit Sigune, der Schwellenhüterin des Gralsgebiets, die in dieser Begegnung in Gestalt einer Pietá erscheint, schließt sich unmittelbar an und erlaubt eine erste Deutung der "abendlichen" und "nächtlichen" Ereignisse Parzivals und das erste Gewahrwerden seiner Frageversäumnis-Schuld. 
EINE ALTSTIMME  
(aus der Höhe)  
    «Durch Mitleid wissend,  
    der reine Tor.» 
KNABEN  
(aus der höchsten Höhe)  
UND JÜNGLINGE  
(mittlere Höhe) 
    Selig im Glauben! 
summa scientia nihil scire = höchste Wissenschaft: nichts zu wissen (Gästebucheintrag des Christian Rosencreutz bei der chymischen Hochzeit)
 
+
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Einführendes zur musikalischen Substanz des Parsifal
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zum zweiten Aufzug des Parsifal (Klingsors Zauberschloß) * zum dritten Aufzug (im Gebiet des Grals)
+
die große Parsifal-Seite (Derrick Everett)
Wagner-WEB * Bayreuther Festspiele
Wagner-Seite (Kristian Evensen)
+
zur Startseite (Schaltpult mit links zu den Parzival-Seiten):
Synopse Chrétien/ Wolfram: Parzival in der Gralsburg * Übersetzung ins Neuhochdeutsche
Synopse Chrétien/ Wolfram: Sigûne als Pietá * Übersetzung ins Neuhochdeutsche
Synopse Chrétien/ Wolfram: Trevrizent über den Gral * Trevrizent über Anfortas
zur "Funktion der Gralssuche im Parzival" * "lapsit exillis" – "lapis exilis": die Namensvarianten des Grals
*+)
mittelalterliche Quellen : mediaevum.de : mittelalterliche Literatur
Chrétien de Troyes: Le conte du graal (ed. Pierre Kunstmann, Uni Ottawa)
Wolframs Parzival (vollständige Netzedition der Lachmann-Ausgabe)
 (+*
Richard Wagner: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, 1., 2. und 3.Aufzug * Das Lied vom Tannhäuser
Chrêtiens und Wolframs Parzival * Wagner: Parsifal * Tristan * Wolfram und Klingsôr im Wartburgkrieg:
Der Gral als Stein aus der Krone der Gerechtigkeit * Luzifers Sturz (Jes 14,12 ff) * Der "köstliche Stein" (1.Petrusbrief)
Goethe: Das Märchen / Deutung (R.Steiner) * Novalis: Klingsohrs Märchen im "Heinrich von Ofterdingen" * Novalis: Hymne
Elischa Beth: "...noch einen Tannhäuser schuldig" bzw. "Zwiebelgold" (Roman) * vgl. 7.Rundbrief 2005
*+)
Euripides: Die Bakchen * al-Qur'ân: apokalyptische Suren * Suren 3 Jesus "das Wort" * Sure 24: Gott ist das Licht
Moschee in Cordoba * Alhambra in Granada * Taj MahalS.T. Coleridge: Kubla Khan * Lichtgewebe : Marienschleier
Nietzsche: Raffaels "Transfiguration"Marius Victorinus: Trinität * Proklos * Pascal: l'infini * Leibniz: Monaden
Böhme: Aurora * Chym. Hochzeit * Van Eyck: Genter Altar * Schatzhöhle * Genesis 2&3 * Venus-Geburt * Rgveda
Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? / Theosophie * Meister Eckhart
Requiem: Dies irae * Novalis, Schelling * Johannesevang.: Hochzeit zu Kana; 5 Brote und 2 Fische * Pfingsten
Entfaltet der SOHN die Werke des Vaters auch in der Natur? * Gott ist Licht * Gott ist Liebe * Gott ist Geist
Perlenlied * Isenheimer Altar * Qumran: apokalyptische Geburtswehen * Hebräerbrief: Christus ist Priesterkönig
Censorinus: De die natali / Der Tag der Geburt: Sphärenharmonie, Weltenjahr und Kalender
William Blake : Songs of Innocence and of Experience : The books of Thel : of Urizen : of Ahania : of Los
Das Hohe Lied: "Wo ist denn dein Freund hingegangen?" * Franziskus: Fioretti * Raffael: Disputa del Sacramento
Runge: Der Morgen * Novalis: Lehrlinge zu Sais / Hymne / Astralis / Klingsohrs Märchen / Hymnen an die Nacht
Index * lapsitexillis (index) * hansz (Hausseite) * Meditation und Mantren * Feire Fiz: lapsit exillis * links
 
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